Mare nostrum


So hiess im antiken Rom das Mittelmeer welches vom Imperium gänzlich umschlossen war. Danach wurde es im italienischen Patriotismus und im Faschismus wiederverwendet (oder eher missbraucht) um die italienischen Herrschaftsansprüche ums Mittelmeer zu legitimieren.
Heute möchte ich diesen Begriff wieder mit dem Mittelmeer versöhnen und diesen mit folgender Bedeutung für meine Reise gebrauchen:
"Das Mittelmeer, unser Meer! Das Meer aller Menschen und Kulturen, die es umzingeln und beleben. Unser Meer, welches uns über Landesgrenzen und kulturelle Unterschiede hinaus verbindet, um welches wir friedlich zusammenleben und welches wir brüderlich schützen sollten."

Die Idee....

Die Idee....
....ist mit dem Fahrrad das Mittelmeer zu umfahren um dabei Länder, Völker und Kulturen auf eine sehr intensive Art und Weise kennenzulernen. Denn mit dem Fahrrad zu reisen, heisst mit allen 5 Sinnen zu reisen. Das Gute an dieser Runde, es gibt keinen Rückweg :o) So ist es deshalb ganz einleuchtend, dass der Weg das Ziel ist.

Das Projekt

Das Projekt...
... ist dieser Reise eine humanitäre Bedeutung zu geben:
Obwohl die Länder um das Mittelmeer von landschaftlicher Vielfalt und kulturellem Reichtum strotzen, werde ich sicherlich auch auf grosse materielle Armut stossen. Wieso sollte ich da nicht versuchen mit Euch lieben Lesern zusammen einen kleinen Beitrag zu leisten, um diesen Menschen, zu helfen?
Deshalb ist meine Reise auch eine Art Sponsorenlauf.
Ich werde auf meinem langen Weg nach Institutionen und Einrichtungen wie z.B. Kinderheime, Schulen oder Spitäler Ausschau halten, die es verdienen würden, unterstützt zu werden. Wenn ich zurück bin, werde ich im Rahmen von Vorträgen, die Projekte vorstellen. Zusammen werden wir eines auswählen, das Euch am besten gefällt. Den Beitrag zur Unterstützung des humanitären Projekts könnt Ihr selber bestimmen indem Ihr eine Anzahl Rappen pro km, die ich wärend meiner "Mare Nostrum Reise" radle, sponsort oder eben spendet. Die Teilnahme ist freiwillig und muss von Eurer Seite erst bei meiner Rückkehr und nach Bekanntgabe der Km-Zahl und der Auswahl des zu unerstütenden Projektes bestätigt werden.
Bei Interesse schreibt eine e-Mail mit Name, Nachname, Adresse, Tel.Nr. und Anzahl Rappen die Ihr sponsern möchtet mit dem "Betreffend: Spender"an: mauro.nostrum@gmail.com

Freitag, 30. September 2011

Lustig ist das Nomadenleben….

Berberischer Hirtenjunge?

Nach Ahmeds Hochzeit verbrachte ich noch einige Tage in seiner Familie und wurde in ihr Alltagsleben eingebaut. Seit jeher ist die nomadische Lebensform eine die mich sehr interessiert und die mir sehr gefällt.
Ich bin ja selbst etwas ein Nomade auf meiner Reise. Deshalb empfand ich es als grosses Glück diese Gelegenheit erhalten zu haben. Ausserdem war meine Aufgabe das hirten von den Ziegen und Schafe. Auch das etwas was ich schon immer mal machen wollte und ich mir vorstellte, dass das meiner Persönlichkeit vollkommen entspricht.

Die Familie war etwas erstaunt, dass ich hirten wollte und nicht lieber daheim Rumhängen wollte. Begrüsste es aber sehr dass ich diesen Wunsch hatte. Am ersten Tag startete ich mit Yussef (Ahmeds grösserer Bruder). Ich hatte natürlich noch viel zu lernen und beobachtete Yussef ganz genau. Auch weil ich überhaupt keine Erklärungen bekam. Ich musste alles selbst verstehen. Ausserdem spricht Yussef nur einige Worte Französisch.
Wir verständigten uns trotzdem bestens und da er noch der grössere Sonnenschein ist als sein Bruder, brachte er mich oft mal zum Lachen. Von der ganzen Familie verstand ich mich mit ihm am Besten und wir wurden ein richtig gutes Team.
Hirtendreamteam
Wir standen mit der Sonne auf und packten unsere bescheidene Ausrüstung ein. Eine Wasserflasche zum rumhängen, etwas Brot und einige Datteln. Und was natürlich nicht fehlen durfte: eine Teekanne, zwei Teegläser, Tee, Zucker und ein Feuerzeug. Auf dem Weg besorgte auch ich mir noch ein Hirtenstock. An diesem schnizte ich dann die ganze Zeit herum und schlussendlich war der Griff ein wirklich schöner Schlangenkopf. Der kleine Bruder scheint dies so beeindruckt zu haben, dass er auch an seinem rumzuschnitzen begann.

Wir liefen also los. Zuerst tränkten wir die Herde am naheliegenden Ziehbrunnen. Danach machten wir uns auf den Weg. Meine Vorstellung war, dass man die Herde an einen Ort auf eine saftige Wiese oder so brachte, dann in den Schatten eines Baumes lag und die Herde beobachtete und vor dem Schakal beschütze. Nur gibt es am Rande der Sahara wenige saftige Wiesen im Monat September. Im Verlaufe des Tages verstand ich, dass auch hier der Weg das Ziel ist (wie so oft) und die Ziegen und Schafe unterwegs fressen mussten. Deshalb hörte ich auf sie vorwärts zu treiben wenn sie kurz anhielten um bei einem Gebüsch zu fressen.
Hey! wo wollt ihr da hin?
Ich schaute mir an was sie gerne fressen und probiere auch manchmal davon. Die Wüstenrosen und die Akazienblüten schmeckten auch mir. Wenn die Ziegen eine grosse Akazie sahen, waren sie manchmal nicht mehr zu halten. Sie rannten alle drauflos.
Bildunterschrift hinzufügen
Langsam verstand ich wie man die Ziegen vorantreiben konnte. Wie wichtig ihr Herdentrieb ist. Sie sind nicht gerne alleine. Und wenn nur eine Ziege den falschen Weg einschlug muss man das gar nicht gross beachten. Sie wird alleine zur Herde zurückkehren. Und falls sie die andern nicht sieht beginnt sie zu böken (ich glaube man nennt das so) bis die andern antworten. Wichtiger war es wenn kleine Gruppen sich entfernten. Diese waren dann zurückzuweisen. Mit Lauten, Steinwürfen und Stockschwingen. Manchmal schlug ich auch die eine oder andere. Nicht oft fest, nur wenn sie es wirklich provozierten etwas fester. Aber es hat nie eine geweint :o)
Ich habe sie auch gezählt und weiss jetzt wieso man zum einschlafen „Schafe zählt“. Diese Aufgabe erfordert die grösste Konzentration und lenkt man sich nur einen Augenblick ab, kann man von vorne beginnen. Man muss eh immer wieder von vorne beginnen. Ich kam so etwa auf 213 Ziegen. Mal etwas weniger mal etwas mehr aber dies dürfte etwa hinkommen. Die Schafe waren etwas einfacher zu zählen. Vielleicht lag es daran, dass sie sich mehr vom braunen Hintergrund abhebten, vielleicht weil sie etwas langsamer leifen. Doch ich bin mir bei ihrer Zahl ganz sicher. Es sind drei :oD

Aber ehrlich 213 Ziegen und 3 Schafe können einen fast in den Wahnsinn treiben und manchmal muss man wirklich hin und her rennen um der Herde eine andere Richtung anzugeben.
Unser Hirtenhund war natürlich auch eine grosse Hilfe. Auch wenn er nicht perfekt dressiert war. Ein gut dressierter Schäferhund ist wohl Gold wert!
Ausserdem habe ich noch nie einen Hund gesehen der so voller Flöhe war! Beim streicheln spührte man sie überall und man sah sie dann rumspringen. Ich glaube sie sind etwas grösser als Menschenflöhe und ich sah mir diese auch etwas von näher an als ich einen fasste.

Man versteht dann auch, das es nicht nur der Schäfer ist, der die Tiere leitet, sondern dass auch der Schäfer sich von den Tieren leiten lassen muss.

Die Nahrung die wir dabei hatten schmeckte herrlich und der Tee den wir unterwegs kochten war wunderbar. Ich fand es erstaundlich, was für einen erstaundlich hohen Stellenwert der Tee und seine Zeremonie haben. Man trägt alle Utensilien dazu 10km mit sich rum, über steinige Hügel wo man sonst nur das nötigste mitnimmt.
Teetime

Oft dachte ich, was für ein Glück ich doch habe. In einer wunderschönen Umgebung zusein und Ziegen hüten zu dürfen. Das Leben ist einfach wunderschön.
Ahmed der diesen Beruf schon ausübt äussert sich darüber und über das Nomadenleben aber anders. Es sei nicht gut. Er könne nicht mal lesen und schreiben. Sie Nomaden wissen nichts und das sei schlecht. Er träumt davon mehr mit Touristen zu arbeiten. Sich vielleicht auch mal einen 4*4 zu kaufen und diesen dann im Tourismus zu nutzen. Das sei auch für die Kinder gut. Diese sollen in Zagora in einem Haus aufwachsen und in die Schule gehen. Er hat in Zagora auch schon das Grundstück gekauft auf dem er bauen will.
Ich nehme an, dass es eines von diesen billigen Betonbauten wird, in denen man fast erstickt.
Ich würde ein solches ungern gegen ein Zelt tauschen. Ehrlich ich würde nichtmal drin wohnen wenn sie mich dafür bezahlen würden.
Eine Oase
Aber das sage ich jetzt, weil ich den Luxus habe zu wählen....
So wie ich auch die Freiheit habe zu hirten. Für ein par Tage oder eine Woche und das für diese Zeit super finde. Doch würde ich es auch gut finden würde ich in meinem Leben nichts anderes gemacht haben? Wenn ich es nicht aus freiem Willen machte?

Yussef fragte ich das Gleiche. Es ist erstaunlich, wie man sich schon mit wenigen Worten über ziemlich philosophische Dinge unterhalten kann. Er antwortete, er brauche nicht lehr als er hat. Ein wenig zu essen, ein wenig schlafen, mit den Ziegen etwas marschieren. Mehr wolle er nicht. Aber „le village:  Brrruhhhh!!!! Aaaahhh!!! (und imitierte laut zuerst ein Auto dann Menschengeschrei), Seine ganze Mimik dazu war so lustig, dass ich laut loslachen musste. Und seine Aussage so schön und bescheiden, dass ich ihn dafür umarmte. Yussef lebt immer bei seinen Eltern. Mit seiner Frau und zwei Töchter von 2 und 4 Jahren. Wenn die Familie noch weiter anwächst werden sie die Herde wahrscheinlich aufteilen und die Familien werden sich trennen.
Solange es so Leute gibt wie Yussef, wird es noch echte Nomaden geben. Und nicht die Touristennomaden welche mit riesiegen farbigen Turbane die Leute auf englisch ansprechen und prahlen sie seien Nomaden (damit meine ich nicht Ahmed, der ist auch ein echter Nomade und auch genauso bescheiden).

Beide Meinunge haben ihre Berechtigung. Und ich hoffe beide werden ihren Weg machen und ich werde ihnen wenn ich kann auch dabei helfen.

Mit dem Sonnenuntergang kehrten wir zurück. Und es ist also nicht so, dass man alle Ziegen einzeln aufsuchen muss und zwingen muss nach Hause zu gehen. Wenn die Sonne etwas tiefer steht, wollen sie selbst nach Hause und sie kennen eigentlich den Weg. Sodass die Rückkehr meist einfacher ist als die Hinreise.  Ausser sie geraten in eine andere Herde hinein.
Das zu verhindern oder auszubessern wenn es geschehen ist, finde ich sowieso das schwierigste,
Aber es ist doch nicht so schwer wie ich zu beginn dachte, Dies aus mehreren Gründen. Erstens wollen die Ziegen in ihrer Herde bleiben und beginnen laut an zu böken wenn sie sich von ihren Freunden isoliert sehen. Sodass man leicht merkt wenn eine oder mehrere Ziegen in der falschen Herde sind. Anderseits werden sie auch von den anderen Ziegen angegriffen. Ein weiterer Grund wieso sie aus der Herde raus wollen.
Ausserdem sind unsere Ziegen einfach die Schlitzohren unter den Ziegen.
Nicht etwa wegen ihrem Verhalten, sondern weil ihre Ohren zur Markierung längs eingeschnitten sind.

Weiter geben wir den Ziegen auch unsere Sattelkerne und Melonenschalen, die sie sehr mögen. Ich zerstampfe ihnen ab und zu wilde Wassermelonen die sie sehr gerne verschlingen.
Diese Schlitzohren!
Diese sind mir aber zu bitter.
„Zuhause“ das heisst beim Zelt, erhalten sie Frûhmorgens getrocknete Datteln, da es im Moment wenige Nahrung hat und ein Salzstein liegt  bereit an dem sie ihren Salzbedarf decken können.

Das Essen war während meiner Zeit als Nomad ähnlich wie während der Hochzeit, nur dass keine Ziege mehr geschlachtet wurde. Trotzdem assen wir jeden Tag ein Wenig Fleisch dass wahrscheinlich noch von der Hochzeit übrig war.
Die ersten zwei Abende gab es noch eine besondere Zeremonie bei ueweils einer benachbarten Nomadenfamilie. Ein CousCous wurde vorbereitet und Odin wurde darüber geleert wobei es auf die Hand des Bräutigam und danach der Braut geleert wurde und danach an dieser entlang hinunterlief. Natürlich die rechte, gewaschene Hand. Danach nahmen sie je eine Handvoll Couscous und verteilten es unter den Gästen und Gastgebern wobei der Mann die männlichen und die Frau die weiblichen Leute beschenkte. Dies solle auch Glück bringen.

Wir schliefen immer unter freiem Himmel. Eine Wolldecke als Unterlage und zwei als Decke. Letztes Mal als wir in der Wüste ware, war es auch in der Nacht warm. Diesmal war es so wie man es sich sagt. Am Tag heiss, in der Nacht kalt.
Der Mond ging in dieser Zeit relativ spät auf und ich genoss jede Nacht vor dem Einschlafen noch etwas diesen schönsten Sternenhimmel. Ich liebte es dort zu schlafen. Gegen Morgen hatte ich jedoch manchmal kalt. Wer mich kennt, weiss deshalb, dass es wirklich kalt sein musste.

Der dritte Tag als Hirte war mein schönster Tag! Ich durfte die Herde ganz alleine führen und Yussef schaute einfach zur Sicherheit zu. Ich wandte all meine gelernte Kenntniss an. Liess mich von meiner Herde führen und führte diese an Leckerbisse heran. Denn ich sehe ja weiter als die Ziegen. Das zeichnet ja den Menschen auch aus, dass er aufrecht gehen kann. Und ausserdem müssen die Ziegen ja auf den Boden schauen ob es was zu Essen gibt. Ich glaube ich war ein guter Hirte. Ein wunderschöner Moment war als ich meine Herde umleitete um noch eine grosse Akazie in ihren Weg einzubauen und sie so fest Freude daran hatten, dass ich Mühe hatte sie wieder davon loszubringen. Ich machte wirklich eine schöne Tour und manche waren deshalb am Mittag schon so vollgefressen, dass sie etwas im Schatten rumlagen statt weiter zu fressen. Auf dem Rückweg musste mir Yussef aber trotzdem schnell helfen. Denn während wir Tee tranken, Brot, Datteln und eine Melone assen, hatte sich die Herde in zwei Teile aufgeteilt und war in verschiedene Richtungen losgezogen. Si übernahm ich einen Teil und er einen Teil und ich übernahm wieder die ganze Herde als wir diese Zusammengeführt hatten. Ich brachte alle wieder gesund nach Hause und schön kordiniert über die Strasse. Ohne dass sie sich an diesem Tag mit einer anderen Herde durchmischten.
Bei Sonnenuntergang waren wir wie üblich zurück.
Ich war den ganzen Tag überglücklich und genoss jeden Moment davon.
Von meinen   nomadischen Freunden bekam ich Komplimente und sie sagten mir, das nächste mal werden sie mir die Herde ganz alleine anvertrauen.
Tschüss meine Lieben.
Das ist schon ein grosses Vertrauen. Wenn man bedenkt, dass die Herde (neben den 8 Dromedaren) ihr ganzes Reichtum darstellen. Wenn sie etwas kaufen müssen, verkaufen sie eine Ziege. Die Ziegen sind je nach Ernährungszustand zwischen 200 und 400 Dihram Wert (20 - 40.-) im Moment ca. 200 bis 250.
Daq heisst, das ihr ganzes Kapital ca. 6000 .- Wert ist und dass man jeden Tag arbeiten muss, damit man von den „Zinsen“ leben kann.

Den letzten Tag verbracht ich dann etwas anders. Davon werde ich euch aber später berichten.


1 Kommentar:

  1. Ohhhh mamma, pure le capre hai curato!!! HIhihi bravo, ma fare il medico è meglio, no? Comunque ogni esperienza forgia il carattere di una persona!!!! Bacio

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