Ich halte mich fuer einen Weltbuerger. Wenn man mich fragt woher ich bin, antworte ich oft: Von der Welt!
Grenzen sind fuer mich etwas kuenstliches, etwas unnoetiges, etwas das begrenzt und einschraenkt.
Eine Welt ohne Grenzen ist fuer mich ein Ideal welchem man nachstreben muesste. Das führt aber nicht dazu, dass ich nicht stolz auf meine Wurzeln und meine Urspruenge bin. Ich bin ja eigentlich ein sehr grosses Gemisch aus verschiedenen Voelker und Kulturen.
Thessaloniki |
Von meiner Mutterseite habe ich Norditalienisches Blut. Mein Grossvater ist aus Lozza bei Varese in der Lombardei, meine Grossmutter aus Rubiera nahe Reggio Emilia in der Emilia Romagnia. Wenn man die Geschichte dieser beiden Regionen etwas betrachtet, versteht man, dass sich hier schonmal das genetische Material von vielen Voelkern mischt, germanische und keltische Volksstaemme mit slavischen und roemischen Voelkern, spaeter kamen auch wieder spanische und franzoesische Menschen und hinterliessen ihre Spuren.
Dies nun mischt man mit dem Blute meines Vaters, dessen Eltern aus Zollino nahe Lecce sind. Eine Region in der sich wiederum viele Voelker in der Herrschaft abwechselten. Mesapische Staemme trafen auf hellenistische und kretinische Kolonien, auf Roemer, auf spanische, tuerkische, arabische und byzantinische Einfluesse. Ich bin also schon durch mein Blut ein Resultat aus verschiedensten Etnien und habe dazu noch durch Adoption die schweizerische Kultur in mir verinnerlicht.
Griechisches Relief in Thessaloniki |
Mehrere Kulturen zu haben ist manchmal etwas schwierig. Als ich klein war, fuehlte ich mich ueberall als Auslaender. In der Schweiz war ich der Italiener und manchmal auch der "Tschingg", waehrend ich in Italien wiederum der Auslaender war, der Schweizer oder "svizzerotto".
Preveza |
Nun hat sich das bei mir so ausgewirkt, dass ich es als Chance nutzte das Beste fuer mich aus den mir bekannten Kulturen zu nehmen und mich auch durch neue Kulturen zu bereichern. Frueher war ich ueberall Auslaender, nun hat sich das zum Gegenteil gewendet! Ich bin ueberall zu Hause!
Mein Zuhause: Ueberall! |
Deswegen verlasse ich aber nicht meine Wurzeln. Nein!
Ich bin stolz darauf. Stolz auf das, was meine Vorfahrer waren und was sie geleistet haben. Denn das ermoeglicht mir der zu sein der ich bin.byzantinische Befestigungsanlage |
In einem anderen Post hatte ich erwaehnt, dass ich aus einem Dorf stamme, Zollino, welches zur Grecia salentina gehoert. Es zaehlt zu den 9 Doerfern im Salento (nahe Lecce) in welchen man noch Griechisch spricht. Dieser griechische Dialekt, der mehr dem Altgriechischen als dem Neugriechischen entspricht und von der Aussprache anscheinend dem Griechisch auf Kreta gleicht, hat seinen Ursprung in der antiken hellenistischen Kolonisation der magna Grecia.
Byzantinische Mauer bei Nykiopolis |
Die Einfluesse der griechischen Sprache wurden danach unter dem Reich von Byzanz weiter verstaerkt und aufgefrischt und hielten sich noch sehr lang nach dem Fall von Costantinopel im 1452, gebunden an den griechisch-ortodoxen Ritus, der noch nach dem Convent von Trento, versteckt wohl bis in das spaete 19 Jhd. gehalten wurde.
Griechisch orthodoxe Kirche |
Das Grico, wie dieser Dialekt genannt wird, wurde immer mehr vom Italienischen verdraengt, galt auch als primitive Volkssprache die man verdraengen sollte (v.a. im Faschismus) und konnte sich nur noch in 9 Doerfern der Region halten. Auch dort ist diese Sprache sehr vom Aussterben bedroht und wird v.a. durch die aelteren Generationen noch aktiv gesprochen (so von meinen Grosseltern) und von der Generation meines Vaters noch gaenzlich verstanden und teilweise gesprochen (doch nur selten und nicht wirklich aktiv).
Ich meinerseits finde, dass das unsere Kultur ist, welche mit der Sprache verloren geht und habe mich ins Zeug gelegt um diese Sprache zu lernen. Ich habe es auf einen Stand geschafft, auf welchem ich kommunizieren kann und problemlos einfache Sachen aus dem Alltagsleben ausdruecken kann. So spreche ich nun mit meinem Grossvater und mit einem Freund nur noch Grico.
Sumpflandschaft bei Igoumenistsa |
Wuerden mich die Griechen verstehen?
Dieser Einwohner von Griechenland verstand mich nicht... |
Eine der ersten Disskussionen auf griechisch, mit Kaffe und Kirschen |
Auch sonst erklaerte ich den Leuten oft wieso ich nun griechisch sprach und ich traf nicht nur auf grosses Interesse, sondern auch auf grosse Begeisterung, Freude und Bruederlichkeit seitens der Griechen.
Einige hatten schon von verlorenen Doerfern in Calabrien und Apulien gehoert, in denen man noch griechisch sprach, doch wirklich eine Person zu treffen, welche diese Sprache spricht war fuer sie wie eine Person von einem anderen Planeten zu sehen.
Auch fuer mich war es eben sehr besonders in Griechenland die Sprache meiner Grosseltern brauchen zu koennen und auch ich fuehlte mich irgendwie verbruedert mit den Griechen.
Christina, eine nette Frau 80 jaehrige Frau in Suedalbanien, welche ich zu Fuss zu ihrem Feld begleitete (immer auf griechisch diskutierend) und sich verabschiedete mit "Jassu, Pedimu!" |
Auch in Suedalbanien sprechen die meisten Leuten als erste Sprache Griechisch, womit ich il Grico sogar mehr als erwartet brauchen konnte. Das erfuellte mich mit grosser Freude, denn es gibt einer kleinen Sprache die am Aussterben ist doch einen kleinen Halt. Oder besser es koennte einen kleinen Halt geben, wenn die Leute dieses Potential erkennen wuerden.
Eine Kolossale Aufgabe: eine Sprache zu erhalten! (Muss ja irgendeine Erklaerung fuer dieses Foto finden! denn ich habe so Freude daran! :o) |
So zog ich also durch Griechenland voller Freude und erfuellt von der Liebe zu meinen Wurzeln und wurde mit grosser Freude empfangen. Ein Weltbuerger aus Zollino, der den Namen seines Dorfes in Griechenland bekannt machte und ihnen aufzeigte, dass es noch Menschen auf der Welt gibt, welche hellenistische Dialekte aktiv sprechen.
Meine Geschichte beruehren.... |
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